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Schmetterlinge im Bauch oder Kloß im Hals. Klassenchats sind aus den Schulen nicht mehr wegzudenken, bieten für Schüler:innen neben Chancen aber auch Risiken. Spätestens in der fünften Klasse nutzen Kinder regelmäßig Messenger, und dabei spielen auch Klassenchats eine große Rolle, weil sie die soziale Teilhabe erleichtern und das Gemeinschaftsgefühl stärken können. Leider haben Klassenchats aber auch ihre Schattenseiten, denn ob Belästigung, Mobbing oder das Posten strafbarer Inhalte: Schnell kann die anfangs positive Stimmung ins Negative kippen.
Das Internet vergisst nicht
Kinder machen sich im Allgemeinen wenig Gedanken darüber, welche Informationen sie über sich und andere preisgeben. Dass hier mal ein privates Bild gezeigt und da mal ein unbedachter Kommentar abgegeben wird, ist gängige Praxis. Der Klassenchat wird aber auch genutzt, um Dampf abzulassen und Grenzen auszutesten. Manche teilen ihre Hausaufgaben, andere äußern ihren Frust über Lehrer:innen und wieder andere posten Gewaltvideos und Pornos. Was in der analogen Welt nur selten Folgen hat, ist im Web allerdings gefährlich, weil sich einmal veröffentlichte Informationen nicht einfach wieder löschen lassen. Gerade dann, wenn dutzende Personen mitlesen, steigt die Gefahr enorm, dass Informationen viral gehen, und damit nicht nur das Klassenklima nachhaltig stören, sondern auch großen Schaden bei Opfern und Tätern anrichten.
Kaum Datenschutz in WhatsApp
Der von Schüler:innen am meisten genutzte Messenger ist WhatsApp. Und obwohl dessen Mutterkonzern Meta behauptet, er lege Wert auf Datenschutz, warnen Expert:innen immer wieder vor der App. Das hat gute Gründe, denn Kinder können allein schon deshalb Opfer eines Datenlecks werden, weil ihr Profil die Standardeinstellungen verwendet. So ist ein WhatsApp-Profil samt Profilbild und den Unterpunkten „Info“ sowie „zuletzt online“ grundsätzlich für alle sichtbar, die die entsprechende Handynummer auf ihrem Gerät gespeichert haben. Ungeachtet dessen, ob Kinder die jeweiligen Personen in Ihrer Kontaktliste haben oder kennen. So kann sogar eine fremde Person Kinder zu eigenen Chatgruppen hinzufügen, ohne sie vorher zu fragen. Das ist besonders deshalb heikel, weil sich in diesen Chatgruppen einander völlig fremde Personen aufhalten können, die wiederum alle in der Gruppe befindlichen Profile samt Nummer einsehen dürfen. Ein weiterer Punkt ist, dass in WhatsApp gepostete Bilder und Dateien automatisch auf die Handys aller Empfänger:innen heruntergeladen werden, wenn der Medien-Auto-Download nicht vorher deaktiviert worden ist. Damit machen sich Eltern und Kinder ab 14 Jahren sogar strafbar, wenn es sich um illegale Inhalte handelt. Allein schon deswegen kann es sinnvoll sein, sich nach sicheren Alternativen zu WhatsApp umzusehen. Beispiele hierzu sind Signal und Threema, wobei die Messenger deutlich weniger verbreitet sind als der Marktführer.
Tipp: WhatsApp sicherer machen
Es ist mit der App nur begrenzt möglich, die eigene Privatsphäre zu schützen. Unter dem Menüpunkt „Datenschutz“ kann jedoch eingestellt werden, wer welche Profilinformationen sehen darf. Auswählen könnt ihr aus „sichtbar für jeden“, „für meine Kontakte“ oder „niemanden“ bei diesen Informationen: Zuletzt online, Profilbild, Info und Gruppen. Bei allen Punkten empfiehlt es sich, die Option „niemanden“ oder „meine Kontakte“ zu wählen.
Eltern- und Lehrerkontrolle?
Angesichts dieser Risiken mag es vielen Eltern sinnvoll erscheinen, die Chats der Kinder mitzulesen, doch ist das oft nicht der beste Weg. Was gegen eine direkte Kontrolle spricht, ist, dass Klassenchats dazu dienen sollen, Kindern einen digitalen (Schutz-)Raum zu geben, in dem sie Dinge untereinander besprechen und regeln können. Kontraproduktiv ist, wenn sie dabei permanent die Blicke der Erwachsenen „im Nacken“ spüren. Darüber hinaus wird Lehrkräften vom Kultusministerium nahegelegt, aus Gründen des Datenschutzes auf das Lesen von Klassenchats zu verzichten. Weil Eltern aber dennoch eine Fürsorgepflicht haben, ist es wichtig, dass sie mit den Kindern im Gespräch darüber bleiben, was im Chat gerade los ist. Wirkt ein Kind zum Beispiel über längere Zeit hinweg bedrückt, sollte ein direkter Blick in den Chatverlauf geworfen werden.
Medienkompetenz – mehr als nur ein Schlagwort
Es gibt für Eltern dennoch elegantere und vor allem bessere Methoden, sichere Klassenchats zu organisieren, als diese einfach mitzulesen. Grundsätzlich gilt: Eltern sollten die Privatsphäre-Einstellungen in den WhatsApp-Profilen ihrer Kinder unbedingt so anpassen, dass Fremde keinen direkten Zugriff auf persönliche Daten bekommen. Allgemein sollten Kinder zudem ein Bewusstsein darüber haben, wie sie mit sensiblen Informationen im Internet umgehen und wie sie sich in Chatgruppen verhalten. Während sie beim Posten im Hinterkopf behalten müssen, wer die Nachrichten sehen und gegebenenfalls weiterleiten kann, hilft beim Umgang miteinander schon der simple Merksatz: Behandelt andere so, wie ihr selbst behandelt werden wollt. Digitale Aufklärung sollten Eltern und Lehrerschaft unbedingt frühzeitig leisten, damit später keine bösen Überraschungen drohen. Themen wie Smartphone-Nutzung und Klassenchat können Eltern proaktiv in Schulen – beispielsweise bei Elternabenden – ansprechen. Enorm wichtig für einen sicheren Klassenchat ist, dass verbindliche Verhaltensregeln gelten, die im Idealfall von den Schüler:innen selbst erarbeitet werden. Fragen, wie „Was darf gepostet werden?“ oder „Zu welchen Tageszeiten darf ich posten?“ sind nur zwei Möglichkeiten, die diskutiert werden können. Damit vereinbarte Regeln anschließend auch eingehalten werden, sollten zwei Schüler:innen als Administratoren von der Klasse gewählt werden, die den Chatverlauf beobachten und eingreifen können, wenn etwas aus dem Ruder läuft.