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Bill, George, Matt und John
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Da ist er tatsächlich...
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... George Clooney
Ich kann es kaum glauben, als ich mich am Vormittag dem Berlinale-Palast nähere (übrigens mittlerweile völllig selbstverständlich mit meinem "Hey ich gehöre dazu"-Gesicht) komme ich kaum durch, weil unglaubliche Menschenmassen den Hintereingang des Hyatt-Hotels bevölkern. Hier kommen die Stars an, wenn sie zur Pressekonferenz gefahren werden. Der Witz daran ist, es dauert noch mindestens drei Stunden bis George Clooney, Matt Damon und so weiter eintrudeln. Und obwohl es für Februar in Berlin geradezu erstaunlich warm ist, möchte ich jetzt nicht stundenlang draußen auf einem Fleck stehen müssen.
Wie seht ihr das? Würdet ihr euch so lange in die Kälte stellen, um auch nur einen Blick auf einen großen Star zu erhaschen?
Erstmal geht es jetzt ins Kino und „Monuments Men“ sehen, eine Art Oceans Eleven, die versuchen Kunstschätze zu retten. Wieder einmal freue ich mich über meinen Presseausweis. Wir werden einfach durchgewunken, während eine riesige Schlange Menschen darauf wartet, dass vielleicht doch der ein oder andere Platz noch frei bleibt.
Gleich am Anfang des Filmes muss ich an alte Gregory Peck-Filme denken. Nur dass mir die eigentlich auch heute noch gefallen. Dieser dagegen packt mich überhaupt nicht, trotz der ansehnlichen Besetzung. Viel pathetische Musik und eine extrem dünne und weichgespülte Story bringen mich dazu, bereits 20 Minuten vor Ende meinen Platz zu verlassen. Der Kritiker neben mir ist derweil in einen friedlichen Schlaf gefallen und schnarcht leise vor sich hin. (Man muss dazu sagen, dass für die, die wirklich jeden Presse-Film mitnehmen, der Tag auch schon teilweise um 8:30 Uhr mit der ersten Vorführung beginnt. Die spare ich mir meistens, man muss ja auch nicht übertreiben.)
Kurz darauf stelle ich fest, was für eine weise Entscheidung der verfrühte Aufbruch war. Viele der Journalisten haben nämlich ganz auf den Film verzichtet um auf jeden Fall einen Platz im Konferenzraum zu erhalten. Als ich ankomme ist fast alles voll, aber mit etwas Glück bekomme ich wieder vorne in der Mitte einen Platz.
Kurz hinter mir wird der Raum geschlossen. All die Armen, die den ganzen Film ertragen haben, werden jetzt auch noch damit bestraft die Konferenz zu verpassen. Irgendwie unfair.
Endlich nimmt das Blitzlichtgewitter draußen ein Ende und sie betreten den Raum: George Clooney, Matt Damon, Bill Murray, John Goodman, Jean Dujardin – sie sind alle gekommen.
Das Panel wird eröffnet und überall schießen Hände in die Höhe, alle wollen Fragen stellen. Und ab jetzt geht es bergab. Es ist unglaublich, was für bescheuerte Fragen gestandene Journalisten stellen, wenn sie selber starstruck sind. Die blondierte Dame von der Bild will wissen, wie sie es schaffen mittags schon so gut auszusehen, obwohl sie die Nacht durchgefeiert haben. Aber das lässt sich noch übertreffen. Die Dame neben mir ergattert das Mikrophon, sie ist wahnsinnig aufgeregt, erzählt, sie bereite sich seit 2 Wochen auf diesen Moment vor. Dann kommt die Frage an „Mr. Clooney“: Wie es sich anfühlen würde, der sexuelle Traum einer jeden Frau auf Erden zu sein. BITTE WAS? Mal abgesehen von der nicht stimmenden Aussage dahinter – dort sitzt ein gestandener Filmemacher, jemand, der von so vielen Erfahrungen erzählen könnte, der das Filmbusiness in- und auswendig kennt und das ist die Frage, auf die sie sich zwei Wochen lang vorbereitet hat? Ich schäme mich ein bisschen neben ihr zu sitzen und hoffe, dass niemand denkt, wir könnten zusammen gehören.
Leider geht es in der selben Stimmung weiter. Keiner stellt eine Frage an die anderen großartigen Schauspieler, es artet zu einem kollektiven Anmach-Versuch in Richtung Clooney aus.
Nur Anke Engelke (auch in meiner Reihe, ich hatte sie gar nicht bemerkt) lockert die Stimmung noch einmal auf, als sie steif und fest behauptet, sie hätten in der Hauptmelodie die ersten drei Töne der Katze aus „Peter und der Wolf“ gestohlen. Während die deutschen Reporter in sich hinein kichern, sind die ausländischen sichtlich verwirrt. Schließlich bringt sie das gesamte Panel dazu, mit ihr die Hauptmelodie zu pfeifen, was in mehr als einer Hinsicht ziemlich schräg ist.
Neben mir hält eine Reporterin derweil einen Zettel in die Luft auf dem steht „Can I have a picture with you?“ (dt.: "Kann ich ein Bild mit Ihnen machen?") Offensichtlich ist für sie selbstverständlich, dass es sich nur an eine Person auf dem Podium richten kann.
Ich stelle also fest, dass die Journalisten sich gar nicht so sehr von den Menschen, die seit Stunden vor dem Eingang warten, unterscheiden. Nur, dass es hier drinnen entschieden wärmer ist.
Danach geht es gleich zu drei (!) verschiedenen Empfängen. Ich entdecke die unglaubliche Vielfältigkeit von Fingerfood und steige vom Kaffee direkt auf Wasser um. Wie die anderen diese Mengen an (zugegeben kostenfreien) Alkohol verkraften ist mir ein Rätsel, insofern bin ich eben doch noch ein Berlinale-Anfänger. Nach dem dritten Empfang werde ich noch auf eine der beliebtesten Partys eingeladen, die Revolver Party, die jedes Jahr in einem anderen Luxushotel steigt und meistens in einer Art Abriss-Party endet. Auch wieder eine Faszination, die mir verborgen bleibt. Nach zwei Stunden und so ziemlich allen ehemaligen Dschungelcamp-Mitbewohnern der letzten Jahre und hunderten von Frauen in viel zu hohen Absätzen und viel zu glitzernden Kleidern beschließe ich zu gehen, bevor die Stimmung kippt.
In der goody bag die mir an der Garderobe zusammen mit meiner Jacke ausgehändigt wird, befindet sich unter anderem eine ziemlich teure „Skin-Youth“- Creme.
Ja, die brauche ich langsam auch wirklich.