
Seit einiger Zeit wird der Ruf nach deutschen Kinderfilmen, die nicht auf berühmten Büchern basieren, immer stärker. Sputnik beweist, wie eindrucksvoll es sein kann, eine unverbrauchte, ganz eigene Geschichte zu erzählen.
Wir schreiben Anfang November 1989, in einem kleinen Dorf, irgendwo in der DDR. Die zehnjährige Friederike und ihre Freunde fühlen sich in ihrer Parallelwelt, einem Schuppen voller Experimente und Erfindungen, sehr wohl. Zusammen mit ihrem coolen Onkel, basteln sie an einer Flugkonstruktion, die einen Gruß ins All schicken soll.
Von heute auf morgen wird jedoch der Ausreiseantrag ihres Onkels genehmigt, er geht in den Westen und Friederike weiß nicht, wann sie ihn jemals wieder sieht. Als großer Fan von Science-Fiction-Serien findet sie schnell eine Lösung: ein Gerät muss her, mit dem sie ihren Onkel wieder in den Osten zurückbeamen kann...
Nach all den Wende-, DDR- und Ostalgie-Filmen, ist es verwunderlich, warum es so lange gedauert hat, bis endlich ein Kinderfilm zur Wiederverinigung gemacht wurde.
Vielleicht hat sich bisher keiner getraut, dieses Thema kindgerecht aufzuarbeiten. „Sputnik“ ist dies auf hervorragende Weise gelungen.
Gekonnt gelingt der Spagat zwischen einem zeitgemäßen, modernen Film als auch nostalgischen Anklängen an eine längst vergangene Zeit. Die Schwierigkeit, wie viel politisches Grundwissen die Kinder wirklich haben müssen, bevor sie diesen Film sehen, umschifft der Film gekonnt. So kann man ihn auf zwei gänzlich unterschiedliche Arten auffassen.
Zum einen aus der Sicht der Kinder, die ein spannendes Abenteuer erleben und die mit den damaligen Verhältnissen durchaus vertraut sind. So wissen sie von den Mauertoten, kennen die Pionierregeln und erleben den Warenmangel. Dennoch führen sie ihr eigenes, erstaunlich zufriedenes Leben und haben die gleichen Probleme und Sehnsüchte wie Kinder in der heutigen Zeit. Mutig und selbst-organisiert treten sie den Tücken des Systems jenseits einer erwachsenen Struktur gegenüber und erinnern dabei streckenweise an die Kinder in Klassikern wie „Kalle Blomquist“. Ohne sich in politischen Verstrickungen zu verfangen, bietet sich so ein sehr ehrliches Bild ostdeutscher Lebensrealität und man glaubt Friederike, wenn sie aus vollem Herzen sagt: „Ich will aber gar nicht in den Westen.“
Dem erwachsenen und politisch informierten Zuschauer aber, öffnet sich eine ganz andere, dahinter liegende Ebene. Gerade in dieser leichten, teilweise recht flapsigen Erzählweise, liegt eine tiefe Ironie, die in ihrer Gänze wahrscheinlich nur von „echten“ ehemaligen DDR-Bewohnern gesehen werden kann. Dadurch wird „Sputnik“ zu einem Familienfilm, der für alle Altersstufen unterhaltsam ist. Und er bietet genug Potential, um sich im Nachhinein mit dem Thema auseinanderzusetzen und den eigenen Kindern ein politisches System näher zu bringen, das sie vermutlich höchstens aus Erzählungen kennen.