Join the Team: American Football für Kids

© Rick Sargeant/AdobeStock.com
Football
Geraufe und Gerangel. Kastige Gestalten, die einem großen Ei nachjagen. Lautes Gerufe, wütendes Geschimpfe, Männer liegen stapelweise übereinander und keiner weiß, wo der Ball ist. So oder so ähnlich die ersten Assoziationen, wenn der Begriff „American Football“ fällt. Absurde Vorstellung, dass das auch Kinder machen? Zu gefährlich, zu kompliziert? Aber sie machen es! Und das mit großer Begeisterung. Die Jugendteams der Assindia Cardinals in Essen zeigen das bei unserem Besuch höchst eindrucksvoll.
„Völlig egal, ob du klein oder groß, dick oder dünn bist. Jeder passt ins Team. Es kommt nur auf die richtige Position an.“ Voller Begeisterung erzählt Wilfried Ziegler, Präsident der Assindia Cardinals, warum gerade American Football eine hervorragende Wahl beim Sport des Nachwuchses sei. Und er betont:
„Der soziale Aspekt steht im Vordergrund. Jeder steht für den anderen ein, denn nur so kann das Team punkten. Wir wünschen uns Diversität - also sind auch Mädchen sehr willkommen!“
Schon manches Kind, das wegen Aussehen oder Herkunft bereits schlechte Erfahrungen machen und Kränkungen aushalten musste, konnte als Teammitglied ordentlich Selbstvertrauen tanken. Schließlich gibt es ein gutes und wichtiges Gefühl, unverzichtbar fürs Team zu sein. Für die gesunde Entwicklung junger Menschen ein Glücksfall. Viel Bewegung gibt es noch obendrein.
Viele Eltern wissen, wie schwer es ist, die richtige Sportart für den Nachwuchs zu finden. Oft ist das Interesse nur von kurzer Dauer oder die körperlichen Voraussetzungen passen nicht, um beim Fußball oder Bodenturnen glücklich zu werden. American Football bietet hier einen anderen Ansatz. Hier geht es um Spaß an der Bewegung und gelebten Zusammenhalt. Wilfried Ziegler ist seit 25 Jahren Präsident seines Vereins und hat miterlebt, wie der Sport in Deutschland immer beliebter wurde. Er ist überzeugt, dass bei keinem anderen Sport der Teamgeist stärker ausgeprägt ist. Damit das gelingt, wird von allen Spieler:innen Disziplin und regelmäßiges Training erwartet.
In Essen-Kettwig ist das „Nest“
So nennen die Spieler:innen liebevoll ihre Anfang 2022 fertiggestellte Trainingsstätte. Direkt an der Ruhr wurde kräftig investiert, einen Platz mit American-Football-Maßen aufzubauen, der eine kleine Zuschauertribüne und eine LED-Flutlichtanlage besitzt. Die geschulten Coaches beweisen pädagogisches Fingerspitzengefühl im Umgang mit den motivierten Kindern. Beim Training wird gelaufen, geworfen und viel gelacht - die komplexen Regeln werden spielerisch gelernt. Auch die spezielle Wurftechnik muss geübt werden, fliegt der mit seiner eierigen Form doch alles andere als geradlinig. Stimmung kommt auf, wenn die Ausrüstung mit Helm und Shoulderpads angelegt wird. Dann verwandeln sich die Kinder in imposante Player, die auch den intensiven Körperkontakt nicht scheuen.
Interessierte sind herzlich willkommen
Mittwochs- und freitagnachmittags trainieren die U10- sowie die U13-Teams. Die Assindia Cardinals stellen für ihre jüngsten Vereinsmitglieder Leihausrüstungen zur Verfügung. Damit können die Kids erst einmal ohne Druck und großem finanziellen Aufwand der Eltern in den Sport hineinschnuppern.
Regelmäßig finden Liga-Spiele innerhalb des nordrhein-westfälischen Verbandes statt. Wie bei den Großen werden dort die jeweiligen Meister der Klassen ausgespielt. Großer Vorteil beim American Football ist, dass Neulinge direkt zum Einsatz kommen können, weil unbegrenzt ausgewechselt werden kann. Das erhöhe die Motivation und sei für den Teamspirit sehr gut, wie Wilfried Ziegler betont.
American Football ist Familiensport
Die engagierten Eltern bilden Fahrgemeinschaften und begleiten die Teams nach Mülheim, Gelsenkirchen aber auch nach Dortmund oder Düsseldorf. Großes Vertrauen ist dabei das Fundament der Jugendarbeit der Assindia Cardinals. So sind Betreuer:innen stets am Ausweis zu erkennen, der gut sichtbar am Band um den Hals getragen wird. Prävention gegen sexualisierte Gewalt ist den Verantwortlichen eine Herzensangelegenheit. „Es gab Zeiten, als noch Eltern bunt durcheinander durch die Umkleiden liefen, um ihren Kindern die Schuhe zu binden. Niemand konnte da auf Anhieb erkennen, wer zu wem gehörte. Wir aber wollen unsere Kinder bestmöglich beschützen. Deshalb gibt es nun die von uns ausgewählten Betreuer:innen, an die sich Kinder und Eltern vertrauensvoll wenden können“, erklärt Ziegler.
Was die Verletzungsgefahr angeht, sei American Football nach Aussagen der Aktiven nicht gefährlicher als beispielsweise Fußball oder Handball. Ja, es geht in den vollen Körperkontakt, das Tackeln. Das ist elementar für das Spiel. Jedoch halten die Spieltechnik und die Ausrüstung das Risiko gering, sich schwerwiegend zu verletzen. Blaue Flecken gibt es allerdings gratis dazu.
Galt früher Baseball als der Nationalsport der USA, ist nach Ansicht der Fans mittlerweile American Football populärer. Vielleicht wächst ja auch bei uns im Pott die Liebe zum beliebten amerikanischen Sport weiter. Damit das gelingt, wünscht sich Wilfried Ziegler zum Beispiel mehr Kooperationen mit Schulen. Unser Besuch bei den Assindia Cardinals hat jedenfalls vollends überzeugt, dass sowohl Kinder als auch Erwachsene großen Spaß bei der Sache haben. Kurz: Es lohnt sich, am „Eierball“ zu bleiben.
Gut zu wissen
American Football kam nach dem Zweiten Weltkrieg über die in Deutschland stationierten amerikanischen Soldaten ins Ruhrgebiet. Inzwischen gibt es in NRW mehr als 8.300 Aktive in insgesamt 150 Mannschaften in allen Altersklassen. Informationen zu Vereinen im Ruhrgebiet, bei denen auch die Kids eine tragende Rolle spielen, sind beim größten Landesverband in Deutschland, dem AFCV NRW, auf afcvnrw.de zu finden.