
© PxHere
Zu viel Glotze wegen Corona? TV, Fernsehen
Man ahnte es schon, die neueste forsa-Umfrage zum Medienkonsum von Kindern bestätigt: Kinder nutzen das Fernsehen vor allem aus Langeweile - und Eltern haben häufig ein schlechtes Gewissen.
In Corona-Zeiten mussten viele Eltern Homeoffice und Kinderbetreuung parallel wuppen. Welche Auswirkungen diese Situation auf den Medienkonsum des Nachwuchses hat, bringt eine repräsentative forsa-Umfrage unter rund 1000 befragten Eltern ans Licht: Das Fernsehen steht bei 3- bis 8-jährigen Kindern trotz großer Beliebtheit von Smartphones und Tablets immer noch auf Platz 1. Rund 60 Prozent der Kinder nutzen das Angebot von Mediatheken und Streamingdiensten fast täglich oder sogar häufiger. Und jedes dritte Kind sitzt vorm Fernseher, wenn die Eltern keine Zeit für gemeinsame Aktivitäten haben.
Kein Wunder also, dass 47 Prozent der befragten Studienteilnehmer mit Kindern, die den Fernseher mindestens einmal wöchentlich nutzen, immer wieder ein schlechtes Gewissen haben. Besonders ausgeprägt ist dies bei Erwerbstätigen und Eltern, die ohne Partner leben. 55 Prozent der Umfrage-Teilnehmer geben zudem an, dass sich der Medienkonsum ihrer Kinder einfach nicht richtig anfühlt.
Prof. Dr. Herbert Scheithauer, Universitätsprofessor für Entwicklungspsychologie und Klinische Psychologie an der Freien Universität Berlin rät dazu: "Die Corona-Pandemie hat Eltern über einen längeren Zeitraum sehr gefordert. Die Bedürfnisse des Kindes, die eigene Arbeit im Homeoffice, Homeschooling - alles ohne Großeltern, Freunde und andere Familien - das war eine Belastungsprobe! Es macht also keinen Sinn, sich selbst zu 'zermartern'. Die zurückliegenden Monate waren eine Ausnahmesituation, in der niemand eine perfekte Lösung parat hatte."
Doch was genau waren die Motive für den gestiegenen Medienkonsum bei den Kids? Auch dies untersuchte die forsa-Umfrage. Die Fakten: Langeweile ist bei 45 Prozent der vorherrschende Grund für eine Fernsehnutzung und fast die Hälfte der Familien (49 Prozent), deren Kind einen Fernseher nutzt, schaltet abends vor dem Schlafengehen den Fernseher ein. Etwas seltener, mit 43 Prozent, nutzen es zur Beschäftigung zwischendurch.
Allerdings geschieht dies nicht gedankenlos, denn fast alle Eltern haben angegeben, darauf zu achten, dass die Inhalte altersgerecht aufbereitet sind oder einen pädagogischen Wert für ihr Kind haben. Auch Empfehlungen zu Altersbeschränkungen nehmen immerhin knapp 60 Prozent der Befragten ernst. So finden 58 Prozent der Eltern, dass der Fernseher zusammen mit anderen Medien den Sprachschatz ihres Kindes erweitert. 43 Prozent geben sogar an, dass der Medienkonsum die Kreativität des Nachwuchses fördert.
Besonders Situationen wie die Zeit der Corona-bedingten Einschränkungen machen aber auch die negativen Auswirkungen ausgedehnter Fernsehzeiten für die gesamte Familie spürbar. So geben rund die Hälfte der Befragten (41 Prozent) an, dass der Nachwuchs sich durch den Medienkonsum zu sehr bei anderen Aktivitäten eingeschränkt hat, der Bewegungsdrang und die Lust auf freies Spiel ohne Spielvorgaben sinkt. 37 Prozent meinen sogar, dass der Medienkonsum ihr Kind nervös und reizbar mache.
Bei allem Verständnis für den zeitweise nötigen Einsatz der elektronischen Babysitter darf nicht vergessen werden: Fernsehen ersetzt keine Familienerlebnisse. Medien jeglicher Art sollten nicht zum Selbstzweck werden und dauerhaft den direkten Austausch zwischen Kind und Eltern oder das Spiel mit Freunden ersetzen. Denn die wichtigsten Dinge lernen Kinder immer noch im persönlichen Kontakt, Gespräch und Spiel.